Ralf Wagner
[6.8. 07]

Alles in Butter?
zu "Alle in Butter - Milchprodukte werden teurer, weil sich die Welt anders ernährt" in Die Zeit 32/07

Eines werden wohl einige Zeit-Redakteure im allgemeinen und Marcus Rohwetter im besonderen nie verstehen – den Markt. Vielleicht weil sie ihn nicht mögen oder auch weil sich das Markliberale in der Verkürzung so schön als Ursache alles Unbequemen darstellen läßt.
So macht Herr Rohwetter die „globale Lust auf höherwertige Lebensmittel“ als Ursache für die steigenden Milch- und Butterpreise aus, welche die Bauern endlich aus dem Joch von „Aldi, Lidl & Co.“ befreien. Dabei erinnert ein solcher Nachfragesprung ausgerechnet aus Asien, deren Bewohnern bislang eine genetische Laktose-Unverträglichkeit nachgesagt wurde, eher an eine Legende heimischer Preiskartelle. Und auf der Anbieterseite? Hier kann von Markt schon überhaupt keine Rede sein. Brüsseler Planwirtschaft begrenzt seit Jahrzehnten die Milcherzeugung mit einer unsinnigen Quotenregelung. Das kostet die Verbraucher Milliarden, welche man getrost auf den angeblich billigen Milchpreis aufschlagen müßte, und schuf nebenbei solche Entartungen wie den „Sofamelker“, der seine Quote meistbietend verhökern konnte – und immer noch kann.
Trifft mehr Nachfrage auf ein so gedeckeltes Angebot, steigen die Preise durch die Händlergewinne, ohne daß die Bauern auch nur einen Bruchteil davon abbekommen. Daß sie jetzt dennoch keine Abschaffung der Milchquoten fordern, beweist, daß sie jenseits aller Klageorgien gut daran verdienen.
Ein Ende der Verschleierung wird in der Tat erst der Markt bringen. Und das muß anders als Herr Rohwetter glauben machen will, keineswegs zu dauerhaft höheren Preisen führen. Gerade solche anfänglichen Preissprünge werden Anbieter anspornen mehr und effizienter zu produzieren und damit wieder für niedrigere Preise sorgen - weltweit.
Das dürfte sogar die Nachfrage aus der sogenannten ökologischen Revolution ausgleichen. Allerdings nur preislich, denn diese Revolution ist gar keine sondern wiederum nur die Folge neuer staatlicher Subventionswut vom Biokraftstoffen und ökologisch ist sie gleich gar nicht, wenn man die z.B. Umwandlung von Regelwäldern in Rohstoffplantagen betrachtet. Doch das ist ein anderes Thema.
Die Zeit für ein Ende der Milchquoten und für wirklichen Marktverhältnisse ist im Moment ist günstig wie lange nicht und das Risiko für die Bauern ist aufgrund der höheren Preise gering. Ein Rütteln am Agrarmarktirrsinn jedoch würde die Brüsseler Eurokraten und die von ihnen Bedachten allerdings in weit stärkere Bedrängnis bringen als verlorene Verfassungsreferenden – immerhin geht es um die Hälfte des Haushaltes und die Hälfte der Beschäftigten der Kommission. Daher wird die EU-Kommission wohl einiges unternehmen, in Deutschland die Milchpreise wieder zu senken und alle werden sie dann dafür loben „Alles ist wieder in Butter“. Die Zeit hoffentlich nicht.

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