Ralf Wagner Leitfaden Volkswirtschaftslehre © 1996-2002
Kapitel 7
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    7. Marktformen und Preisbildung
Marktverhalten

Marktformen

 

  Im Arbeitsmaterial 2 wurde das Idealbild eines Marktes untersucht - eines Marktes mit freier Konkurrenz, auf dem die Akteure, Anbieter wie Nachfrager, quasi chancengleich agieren. In den dann folgenden Abschnitten wurden Anbieter und Nachfrager bezüglich ihres Marktverhaltens näher untersucht. Dieses Verhalten läßt es unwahrscheinlich erscheinen, daß freie Konkurrenz der einzige und dauerhafte Zustand ist, in dem sich ein Markt befinden kann. Die jeweiligen Ziele der Marktteilnehmer werden sich unter bestimmten Bedingungen besser oder schlechter verwirklichen lassen, was die jeweils andere Marktseite begünstigt - von den Interventionen des Staates einmal ganz abgesehen. Eingehend auf die unterschiedlichen Marktbedingungen ändert sich das Marktverhalten der Teilnehmer. Im wesentliches läßt sich dieses in drei Gruppen einteilen:
  • autonom-anpassendes Marktverhalten, d.h. die Marktteilnehmer sprechen sich nicht ab, handeln also autonom, und passen sich dem jeweiligen Marktpreis mit einer Mengenreaktion an (Mengenanpasser)
  • kooperative-strategisches Marktverhalten entsteht aus dem autonom-anpassenden, wenn sich einige Marktteilnehmer über eine Übereinstimmung ihrer Interessen abstimmen (kooperativ) und einigen, gemeinsam den Marktpreis in ihrem Sinne zu beeinflussen (strategisch) - z.B. Zünfte, Abnehmergemeinschaften, Erzeugergemeinschaft
  • kämpferisch-strategisches Marktverhalten, das sich einstellt, wenn die Kooperation erfolgreich war und sich daraus "ein Vorsatz" entwickelt. Das Ziel ist dann in der Regel die Marktbeherrschung, das Monopol.

In einer Volkswirtschaft liegen alle drei Formen von Marktverhalten gleichzeitig vor, wobei bestimmte Tendenzen zeitweilig festzustellen sind. Die Märkte befinden sich also in jeweils unterschiedlichen Zuständen. Um diese darzustellen, hat der Volkswirt Walter Eucken die verschiedenen Formen, die Märkte annehmen können, im sog. Quantitativen Marktformenmodell dargestellt. Quantitativ deshalb, weil die Gliederung nach der Anzahl der Marktteilnehmer erfolgt (unabhängig von deren jeweiligen Marktanteilen).

Abb. 7-1: Marktformen nach Eucken

Walter Eucken, deutscher Nationalökonom, 1891-1950

  Abb. 7-1: Marktformen nach Eucken
Reinhard Selten, Nobelpreisträger 1994

Freie Konkurrenz, Oligopole und Monopole

  Je nach Marktform weichen die Preisbildungen vom Ideal bei freier Konkurrenz ab, wobei hier gilt, je geringer die Anzahl der Marktteilnehmer einer Gruppe, desto besser deren Stellung auf dem Markt und desto besser deren Chance, die Preisbildung in ihrem Sinne beeinflussen zu können.

Nach der Preisbildung bei freier Konkurrenz, die schon ausführlich behandelt wurde, sind Oligopolpreisbildung und Monopolpreisbildung von Bedeutung. Aufgrund ihres gesamtwirtschaftlichen Anteils haben die Oligopole auch zahlreiche Wissenschaftler veranlaßt, Modelle zu entwickeln, die ihre Preisbildung simulieren. Genannt seien z.B. die von Stackelberg und die Spieltheorie, zu der der NP Selten einen wesentlichen Beitrag geleistet hat. Alle sog. Oligopolmodelle gelten jedoch als kompliziert.

In der üblichen Vorstellung von Monopolen handelt es sich um Angebots- oder Anbietermonopole, d.h. auf dem Markt steht einer regulären Nachfrage nur ein Anbieter gegenüber. Es existiert in diesem Sinne also keine Angbotsfunktion, sie wird durch die individuelle Angebotsfunktion des Monopols ersetzt. Das Monopol ist dadurch in der Lage, die Preis-Mengen-Kombination auf dem Markt so zu bestimmen, daß sie dem Gewinnmaximum des Monopols entspricht.

Dieses ist nach den Aussagen von AM 6 bei der Menge zu finden, wo die Grenzkosten des Monopols gleich den Grenzerlösen sind, einen "normalen" Marktpreis gibt es ja nicht. Die Grenzerlöse werden dabei von den Nachfragern, d.h. genauer gesagt von deren Elastizität bestimmt, welche damit einen meist unterschätzten Einfluß auf Monopolpreise haben. Insgesamt ist für die Monopolpreisbildung jedoch eine Verringerung der umgesetzten Menge und eine Erhöhung des Preises im Vergleich zur freien Konkurrenz zu beobachten (vgl. Abb. 2).

Abb. 7-2: Monopolpreisbildung   Abb. 7-2: Monopolpreisbildung
Kartellrecht,
Marktanteile,
Marktmacht
  Monopole führen immer zu einer Umverteilung und zu einer Verkürzung von Renten (sh. Wohlfahrtstheorie) und somit zu einem gesamtwirtschaftlichen Wohlfahrtsverlust. Monopole sind daher im Vergleich zur freien Konkurrenz grundsätzlich abzulehnen. Dennoch gab und gibt es Gründe, in bestimmten Branchen Monopole zuzulassen bzw. gar unter staatlichen Schutz zu stellen. Dies ist dann der Fall, wenn z.B. durch die Errichtung von Netzen (Bahn-, Gas-, Wasser- aber auch Telefonnetzen) riesige Kapitalvorschüsse erbracht werden müssen. Diese der Konkurrenz auszusetzen bedeutet auch, beim Unterliegen eines Konkurrenten mit enormen Kapitalverlusten rechnen zu müssen.

Um das Entstehen von Monopolen zu verhindern, wurden in allen Industrieländern umfangreiche Kartellgesetzgebungen auf den Weg gebracht. So sind in Deutschland Unternehmeszusammenschlüsse, die zu einem bestimmten und für jeden Markt gesondert zu bestimmenden Marktanteil führen, nicht statthaft, d.h. solche Zusammenschlüsse erhalten vom Kartellamt keine Genehmigung. Erreichen Unternehmen durch "normales" Wachstum einen entsprechenden Marktanteil, so ist zu sichern, daß sie die daraus erwachsende Marktmacht nicht mißbrauchen. Allerdings sind unter Berücksichtigung des Europäischen Binnenmarktes sowohl Marktanteile wie auch Marktmacht neu zu definieren. Darüber hinaus hat der Bundesminister für Wirtschaft die Möglichkeit, Fusionen auch gegen die Entscheidung des Kartellamtes zu genehmigen, wenn diese Zusammenschlüsse im gesamtwirtschaftlichen Interesse liegen.

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