Ralf Wagner

 
   
  Eigentlich ungeheuerlich: Pleiten und Arbeitslose als Preis für den Euro
  Der Kanzler hat sich vom Ziel der Halbierung der Arbeitslosenzahlen verabschiedet, weil die Bundesregierung für den Euro dramatisch Ausgaben kürzt
  (zu Brigitte Marschall: Die Euro-Teilnahme teuer bezahlt (4.3.98) in der Berliner Zeitung)
   
 

Was ist eigentlich los in diesem Land? Noch vor einem halben Jahr haben alle Wirtschaftsforschungsinstitute die Erfüllung des Maastricht Neuverschuldungskriteriums auch durch Deutschland für so gut wie ausgeschlossen gehalten.

Jetzt verkündet das Statistische Bundesamt eine deutlich bessere Quote und kaum einer wundert sich. Nur das DIW wagt sich, die eigenen Vorhersagen ernst zu nehmen. Und siehe da: der geballte Zorn der Bonner Riege schlägt auf das Berliner Institut nieder - bis hin zur unverhohlenen Androhung des Mittelentzuges.

Offensichtlich hat das DIW ins Schwarze getroffen!

Um dieses eine Euro-Kriterium erfüllen zu können, hat die Bundesregierung klammheimlich Ausgabenkürzungen insbesondere bei Investitionen vorgenommen, die jede Vorstellungskraft übersteigen und die eigentlich zu einem Aufschrei hätten führen müssen.

Der Haushalt 1997 war ohnehin verfassungswidrig, weil schon in der Anlage die Neuverschuldung die Investitionssumme überstieg. Nun hat man nachträglich gerade die Investitionen erneut gesenkt, also gegen den Auftrag des Grundgesetzes gehandelt. Schlimmer noch. Indem der Bund die Investitionen rigeros gekürzt hat, hat er in Kauf genommen, daß Firmen zusammenbrechen und die Arbeitslosigkeit, ohnehin schon unerträglich hoch, weiter steigt. Alles nur, um Kohls letzte Vision verwirklichen zu können. Ist es ein Zufall, daß Helmut Kohl sich just in dem Moment, als der Bund diese dramatische Ausgabenkürzung vorgenommen hat, von einer anderen Vision, der Halbierung der Arbeitslosenzahlen, öffentlich verabschiedet hat? Hat der Kanzler für den Euro die höhere Arbeitslosigkeit bewußt hingenommen? Das hastige Einschlagen auf das DIW läßt das wohl vermuten. Dann allerdings hätte Helmut Kohl sich nicht nur wieder einmal nur geirrt, sondern seinen Amtseid, "Schaden vom deutschen Volke abzuwenden", gebrochen. Er hat den Schaden akzeptiert einzig seines Traumes vom Euro wegen, einen Schaden, den allerdings nicht er sondern

Hunderttausende neuer Arbeitsloser zu bezahlen haben.

Auf einer solchen Politik kann kein Segen liegen und Vertrauen schafft sie gleich gar nicht. Aber leider regt sie auch - das DIW mal ausgenommen - kaum jemanden mehr auf.

  3/98

Übersicht