Ralf Wagner Leitfaden Volkswirtschaftslehre © 1996-2002
Kapitel 17
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    17. Offene Volkswirtschaften und Außenhandel
offene Volkswirtschaft   Die deutsche Volkswirtschaft exportiert rund ein Drittel ihres Bruttoinlandsprodukts und importiert fast ebensoviel aus anderen Staaten der Welt. Sie ist damit ein klassisches Beispiel einer offenen Volkswirtschaft, d.h. einer Volkswirtschaft mit wirtschaftlichen Beziehungen zum Ausland und eine der drei größten Handelsnationen der Welt - neben den Vereinigten Staaten und Japan.
Abb. 17-1:
Importeure
und Exporteure 2009,
Angaben
in Mrd. USD
incl. Transit,
 

Grafik wird derzeit überarbeitet

    Das AM 10 zeigt, daß die Ströme zwischen In- und Ausland durch Zu- und Abflüsse zum Konto "Ausland" oder auch "übrige Welt" dargestellt werden können. Während die Warenein- und ausfuhren den ursprünglichen Außenhandel repräsentieren, kommen in entwickelten Wirtschaften Transfer-, Dienstleistungs- und Kapitalströme hinzu. Diese Ströme werden in einem System von Bilanzen zusammengefaßt, das als Zahlungsbilanz bezeichnet und von der Deutschen Bundesbank erstellt wird
Tabelle 17-1: Zahlungbilanz für die Bundesrepublik 2001, Quelle: Deutsche Bundesbank  

Tabelle 17-1: Zahlungsbilanz 2001

    Tabelle 17-1 zeigt, daß die Zahlungsbilanz insgesamt ausgeglichen ist (Summe der Positionen 1- 5 ist gleich 0), die Struktur bzw. deren Veränderung be­darf jedoch einer In­terpretation, die umgangssprachlich als „unausgeglichene“ Zahlungsbilanz bezeichnet wird. Als problematisch gilt der hohe Anteil der nicht aufgliederbaren Transaktionen (Position 5).
Bilanzen der Zahlungsbilanz   Die deutsche Leistungsbilanz ist tendenziell negativ und die in ihr enthaltene Handelsbilanz überschüssig. Während Deutschland mehr Güter exportiert als importiert, werden vom Ausland vor allem durch den Tourismus mehr Leistungen in Anspruch genommen als umgekehrt. Hinzu kommt ein deutlicher Abfluß durch die staatlichen Übertragungen z.B. an die Europäischen Union, welche weit größer sind als die entsprechenden Rückflüsse.
    Der Leistungsbilanz wird die Bilanz des Kapitalverkehrs gegenübergestellt. Sie wird mit umgekehrten Vorzeichen für Export und Import gebucht, da ein Exportüberschuß überlicherweise auch zu einem Vermögensüberschuß im Inland führt, welcher mangels innerer Anlagemöglichkeit als Kapitalexport ins Ausland abließt. Beide Bilanzen heben sich idealer Weise gegenläufig auf. Kommt es nicht zu diesem Ausgleich, verändern sich die Gold- und Währungsbestände der Zentralbank.
Tabelle 17-2: Deutschlands bedeutendste Handelspartner,2001, Quelle: Statistisches Bundesamt  

Tabelle 17-2: Handelpartner

Offenheitsgrad

Terms of Trade

  Der Anteil der durch den Außenhandel umgeschlagen Güter [(Einfuhr + Aus­fuhr) / 2] am Bruttoinlandsprodukt wird als Offenheitsgrad einer Volkswirt­schaft bezeichnet. Dieser beträgt für Deutschland rund 34 Prozent.
Das Verhältnis der Entwicklung der Ausfuhrpreise zur Entwicklung der Ein­fuhrpreise wird als Terms of Trade oder Realtauschverhältnis bezeichnet. Steigen z.B. die Einfuhrpreise stärker als die Ausfuhrpreise, verschlechtern sich die Terms of Trade.
    Nicht erst in jüngster Zeit wird die Frage diskutiert, ob und in welchem Umfang ein Land Außenhandel treiben soll, in welchem Umfang es sich dem Weltmarkt öffnen und in welchem Umfang es ganze Branchen auslagern soll.
Autarkie
Protektionismus
  Neben Bestrebungen vollständiger Abgeschlossenheit (austerity, Autarkie) und Schutz des eigenen Binnenmarktes (Protektionismus) hat sich allgemein aber die Überzeugung von der Notwendigkeit und den Vorteilen des Außenhandels durchgesetzt. Als unmittelbar einsichrtig gelten folgende Ursachen:
  • unterschiedliche Ressourcenausstattung z.B. mit Bodenschätzen
  • unterschiedliche Faktorausstattung und Faktorkosten in verschiedenen Ländern (Ansatz von Heckscher und Ohlin)
  • unterschiedliche Nachfragestrukturen in verschiedenen Ländern
David Ricardo, (1772 - 1825) englischer Nationalökonom   Diese Gründe reichen jedoch nicht aus, um zu erklären, warum Länder mit durchgehend überlegener Produktivität und Faktorausstattung „trotzdem“ Außenhandel betreiben. Bereits zu Beginn 19. Jahr­hundert fand der englische Ökonom David Ricardo hierfür eine Erklärung im Theorem des komparativen Kostenvorteils. Dieses läßt sich vereinfacht in dem Satz zusammenfassen: Ein solch fortgeschrittenes Land konzentriert sich auf das, was er am besten kann. Neben den Produktivitätsunter­schieden zwischen den Län­dern betrachtete er auch die Unterschiede in der Wirtschaftlichkeit der einzelnen Zweige in einem Land und gelangte zu der Aussage, daß es auch für ein in allen Zweigen überlegenes Land Sinn und Gewinn bringt, sich innerhalb des Landes wiederum auf die produktivsten Bereiche zu orien­tieren und diese dann noch produktiver zu machen.
freier Welthandel   Voraussetzung dafür ist der sogenannte freie Welthandel, der als Ziel auch dem deutschen Außenwirtschaftsgesetzt zugrunde liegt. Kommt es zu Störungen und zu Verboten (z.B. Einfuhrverbote zum Schutz der eigenen Landwirtschaft), wird der gegenseitige Vorteil gestört und Nachteile stellen sich schrittweise für alle Beteiligten ein (Bsp. Wenn Deutschland keine billige Steinkohle importiert, haben mögliche Exporteure keine Einnahmen, um deutsche Güter kaufen zu können, und Deutschland muß mit vergleichsweise hohen Energiekosten rechnen.). In den Außenhandelsbeziehungen kommt den jeweils fortgeschrittensten Ländern die Funktion als "Motor" dieses Prozesses zu. Wenn diese nicht konsequent auslagern, stören sie letztlich zum eigenen Nachteil den Außenhandel und laufen durch hohe inländische Kosten Gefahr, ihre Position als "Systemkopf" einzubüßen.
Globalisierung   Gegenwärtig verschmelzen immer mehr nationale und regionale Märkte zu Weltmärkten, auf denen immer größere Unternehmen agieren. Die modernen Kommunikationstechnologien ermöglichen es den Unternehmen ebenso wie den Verbrauchern und den Arbeitnehmern weltweit und schnell zu agieren. Diese Prozeß wird allgemein als Globalisierung bezeichnet.
WTO, IMF, Weltbank   Während in den einzelnen Ländern noch heftige Debatten über die Rolle nationalstaatlicher Regelungen geführt werden, sind die neuen Anforderungen an weltweite "Spielregeln" für Handel, Umwelt und Beschäftigung sichtbar. Als Institutionen stehen hierfür die Welthandelsorganisation (WTO), der Internationale Währungsfond (IMF) und die Weltbank zur Verfügung. Derzeit entwickeln sich die Märkte allerdings dynamischer als die sie regulierenden Institutionen. So fehlt z.B. derzeit trotz anhaltender Fusionswellen ein "Weltkartellrecht" fast völlig.
regionale Wirtschaftsblöcke   Neben der Globalisierung ist eine verstärkter Zusammenschluß in regionale Wirtschaftsblöcke festzustellen. Diese nutzen kulturelle und historische Gemeinsamkeiten, stellen sich aber unterschiedlich (öffnend oder abschließend) zu den Weltmärkten. Während sich die EU ( AM 18) vorwiegend auf sich selbst konzentriert sind die Vereinigten Staaten derzeit in mehreren regionalen Wirtschaftsorganisationen vertreten.
Abb. 17-2:
Regionale Wirtschaftsblöcke,

zum Vergrößern anklicken

 

Abb. 17-2: Regionale Wirtschaftsblöcke - zum Vergrößern anklicken

Wechselkurse   Eine besondere Bedeutung im Außenhandel haben die Wechselkurse, also die Preise, mit denen die Währungen eines Landes in denen eines anderen ausgedrückt werden.
Ein Erläuterung hierzu findet sich im
Kapitel 11.
     
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